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GELENKE
UNTER DAUERSTRESS-BIOLOGISCHE SUBSTANZEN ZUM KNORPELERHALT Institut
für Anatomie der Medizinischen Universität Wien
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Die körperlichen Beschwerden des Menschen sind maßgeblich durch einen belastenden, ungesunden Lebensstil bedingt, der ihn allmählich von der evolutionär kurz gespielten Rolle des homo sapiens sapiens zum homo sapiens sedens transformiert. Der zentrale Achsenstab sowie die großen Gelenke sind dabei besonderen Belastungen ausgesetzt und dementsprechend gefährdet. Die damit oft verbundene Osteoarthrose(OA) gehört zu den häufigsten Erkrankungen überhaupt. Die therapeutische Palette im Kampf gegen OA wurde in den letzten Jahren maßgeblich um die Glycosaminoglycane(GAGS)Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat erweitert. Diese in vivo von den Chondrozyten in den Extrazellulärraum sezernierten GAGS gehören, industriell gefertigt, als orale Substitution mittlerweile zu den topsellers im OTC-bereich und fakturieten allein in den USA jährlich mit 369 Millionen US ( J Marra; Nutraceuticals World, 2002).
Seit der placebokontrollieten 3-Jahres-Langzeitstudie (Reginster et al; Lancet, 2001) über die chondroprotektive und schmerzreduzierende Rolle von Glucosaminsulfat bei Knie-OA-patienten, ist sogar vom Morgengrauen einer neuen Ära ( Mc Alindon, Lancet, 2001)die Rede. Glucosaminsulfat wird rasch im Gastrointestinaltrakt resorbiert (Deal et al; Rheum Dis Clin North Am, 1999), von Plasmaproteinen inkorporiert und kann, radioaktiv markiert, selektiv im Gelenksknorpel nachgewiesen werden( Setnikar et al, Arzneimittelforschung,1986). In vitro Studien an Zellkulturen zeigen eine vermehrte Proteoglycansynthese von Knorpelzellen nach exogener Glucosaminsulfatexposition, parallel dazu wird die Metalloproteasenaktivität von MMP-1 und MMP-13(Kollagenasen) auf der Ebene der mRNA signifikant reduziert.(stucture modifying drug). Diese Reduktion der Kollagenaseaktivität erfolgt an allen proteolytisch aktivierten Knorpelzellkulturen, welche einer Glucosaminsulfatkonzentration von 3-50mmol ausgesetzt sind(Byron et al, AJVR, 2003). Solche Konzentrationen werden allerdings durch keine therapeutisch mögliche orale Applikationsform erreicht. Es muß also davon ausgegangen werden, dass wesentlich geringere Wirkstoffkonzentrationen schon chondroprotektiv vor der irreversiblen extrazellulären Matrixzerstörung am gesunden Knorpel schützen.(Byron et al, AJVR, 2003) Glucosaminsulfat ist sehr gut verträglich, zeigt keine Veränderung des HbA1C und erscheint nicht als Allergieauslöser in Frage zu kommen. Manche der am Markt befindlichen OTC-produkte bestehen jedoch aus Glucosaminhydrochlorid und zugesetztem Sulfat und sind gemäß der rezenten Literatur nicht entzündungshemmend, analgetisch oder knorpelprotektiv.
Das Schicksal von oral dargereichtem Chondroitinsulfat, einem weiteren Glycosaminglykan und damit wichtigem Strukturpolysaccharid des Extrazellulärraumes, ist weniger gut aufgeklärt. Junge Knorpelzellen synthetisieren hauptsächlich in 4-Position sulfatiertes Chondroitinsulfat, während der Alterungsprozeß bzw degenerative Veränderungen eine Verlagerung zu 6-Sulfat bzw 4-6-Disulfat mit sich bringt und damit die Wasserretention des Knorpels vermindert. Oral zugeführtes Chondroitinsulfat mit einem relativ geringen Molekulargewicht von rund 15kDa wird vermutlich über Pinozytose aufgenommen, ist im Blut nachweisbar und wird im Gewebe akkumuliert. Chondroitinsulfat stimuliert die RNA-synthese der Chondrozyten, was mit einer gesteigerten Proteoglycan und Kollagensynthese korreliert, gleichzeitig blockiert es Il-1 ,den NO-Zutritt sowie dessen de novo-Synthese. Placebokontrollierte Studien über die Effiktivität von Chondroitinsulfat an Patienten mit Knie-OA belegen eine reduzierte Minderung des Gelenksspaltes in der Verumgruppe innerhalb eines Jahres( Uebelhart et al, Osteoarthritis cartilage, 1998), ähnliche Resultate zeigt auch eine 3-Jahres Studie an Patienten mit OA am Handgelenk. Im Vergleich zu Diclofenac zeigt Chondroitinsulfat eine anfangs langsamere schmerzlindernde Wirkung nach dem Lequesne Index, die sich aber im Laufe von Monaten eindeutig zu Gunsten des biologischen Knorpelinhaltsstoffes verschiebt und auch nach Beendigung der Darreichung anhält
Kombinationen von Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat: Sie erscheinen sinnvoll, da zumindest unter invitro- Bedingungen an Tierknorpelzellkulturen eine stärkere knorpelschützende Wirkung als bei Einsatz der jeweiligen Monosubstanzen beschrieben wird- (Lippiello et al; Osteoarthritis Cartilage;, 2003). Nach dem
heutigen Stand des Wissens ist der Einsatz der Knorpelschutzstoffe Glucosaminsulfat
und Chondroitinsulfat zum Knorpelerhalt zu rechtfertigen, wenngleich noch
viel Information über den biologischen in.vivo-Effekt ausständig
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