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DR. PETER TRAXLER

Ärztlicher Leiter des Arbeitsmedizinischen Dienstes im Hanusch-Krankenhaus
der Wiener Gebietskrankenkasse,Wien


Prävention im medizinischen Arbeitsumfeld
Berufsrisiko
HIV-Infektion
Die Möglichkeit einer HIV-Übertragung im Rahmen der Patientenversorgung ist abschätzbar und, wie Untersuchungen zeigen, gering.
So liegt z. B. das Risiko nach einer Blutexposition von Schleimhäuten bei 0,03 %
.


DR. PETER TRAXLER

- Hauptgefahrenquelle
Die Indikationsliste für eine HIV-PEP weist klar auf die Infektionswahrscheinlichkeit bei verschiedenen Gegebenheiten hin und zeigt
deutlich, wo die Hauptgefahr liegt: in der perkutanen Exposition mit Nadeln, Skalpellen oder Lanzetten, die mit Blut eines nachweislich
HIV-positiven Patienten kontaminiert sind. Dabei liegt das Übertragungsrisiko bei etwa 0,3 % (HCV 3%, HBV 30 %!). Verletzungen
mit kontaminierten Hohlraumnadeln sind gefährlicher als solche mit chirurgischen Nadeln.

- Präventionsstrategien

Auf der Gesetzesebene:
Gemäß Arbeitnehmerschutzgesetz besteht die Verpflichtung des Arbeitgebers, für die Information der Arbeitnehmer über die Gefahren für Sicherheit und Gesundheit sowie über die Maßnahmen zur Gefahrenverhütung nachweislich und wiederholt Sorge zu tragen. Des Weiteren sind geeignete Schutzmaßnahmen anzuwenden.

Auf der Handlungsebene: Bewusstmachen von risikoreichen Aktivitäten und Situationen (z. B. „Recapping“; das Drücken von weiteren Nadeln in einen bereits vollen Abfallbehälter; falsche Entsorgung in einen Plastiksack etc.), Vermeidung derselben soweit möglich und Training von „sicheren Handlungsabläufen“ unter Anwendung aller gebotenen Schutzmaßnahmen (z. B. strenge Einhaltung der Hygienerichtlinien; obwohl jede Blut- oder Serumprobe als potenziell infektiös anzusehen ist, müssen Proben von HIVinfizierten Personen gekennzeichnet sein; es ist dafür zu sorgen, dass bei Kenntnis eines HIV-positiven Serostatus eines Patienten das untersuchende bzw. weiterbehandelnde Personal darüber, soweit erforderlich, unterrichtet wird; Einhaltung der Meldepflicht bei AIDS; klare Vorgangsweise nach Zwischenfällen mit menschlichem Blut oder anderen möglicherweise infektiösen Körperflüssigkeiten).

Auf der Materialebene: Das jeweils am letzten Stand der Technik befindliche Material für die Expositionsprophylaxe sollte vom Arbeitgeber bereit gestellt werden. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, dieses sachgemäß
zu verwenden und einzusetzen (z. B. Adaptersysteme; Sicherheitskanülen, die nach der Benutzung die Nadelspitze „entschärfen“,
indem ein stumpfer Metallstift über die Spitze hinausragt; geeignete Entsorgungsbehälter
mit breiter Öffnung und einem festen Stand; flüssigkeitsdichte Operationsmäntel, speziell verstärkte Operationshandschuhe; Masken, Schutzbrillen, etc.)

- Epilog
Derzeit leben in Österreich etwa 12.000 HIV-infizierte Menschen. Ein erster Gipfel hoher Infektiosität liegt in der Zeit zwischen
Infektion und Serokonversion. Körperflüssigkeiten und Ausscheidungen immer als infektiös zu betrachten ist ein wichtiger Ansatz in der Prävention. Des Weiteren gibt es keine Hinweise dafür, dass das Wissen um den HIV-Status eines Patienten das Risiko von akzidentiellen Expositionen vermindert.
Übertragungen im Krankenhaus oder in der Arztpraxis sind äußerst selten. In Österreich gab es seit den ersten HIV-Patienten vor 20
Jahren bereits mehrere hundert Stichverletzungen beim Personal, das HIV-Patienten betreut, eine einzige Infektion ist dabei angegangen. Betroffen war ein Arzt, der sich beim Zurückstecken der Schutzkappe auf die Kanüle in den Daumen gestochen hatte, also bestehende Hygienevorschriften missachtet hat.

Fact-Box

Worst-Case-Szenario
Der Betriebsarzt unterliegt der ärztlichen Schweigepflicht. Ein positives Testergebnis darf er dem Arbeitgeber folglich nicht mitteilen.
Dem betroffenen Arbeitnehmer muss das Testergebnis im Rahmen einer Aufklärung und sofortigen Beratung persönlich mitgeteilt
werden und die Möglichkeiten einer Krisenintervention sollten vorhanden sein.
Bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz muss nicht über eine bestehende HIV-Infektion Auskunft erteilt werden.


aus: Universum Innere Medizin 05/03
Copyright© Dr. Peter Traxler

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