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Hauptgefahrenquelle
Die Indikationsliste für eine HIV-PEP weist klar auf die
Infektionswahrscheinlichkeit bei verschiedenen Gegebenheiten
hin und zeigt
deutlich, wo die Hauptgefahr liegt: in der perkutanen Exposition
mit Nadeln, Skalpellen oder Lanzetten, die mit Blut eines nachweislich
HIV-positiven Patienten kontaminiert sind. Dabei liegt das Übertragungsrisiko
bei etwa 0,3 % (HCV 3%, HBV 30 %!). Verletzungen
mit kontaminierten Hohlraumnadeln sind gefährlicher als
solche mit chirurgischen Nadeln.
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Präventionsstrategien
Auf der Gesetzesebene: Gemäß Arbeitnehmerschutzgesetz
besteht die Verpflichtung des Arbeitgebers, für die Information
der Arbeitnehmer über die Gefahren für Sicherheit
und Gesundheit sowie über die Maßnahmen zur Gefahrenverhütung
nachweislich und wiederholt Sorge zu tragen. Des Weiteren sind
geeignete Schutzmaßnahmen anzuwenden.
Auf der Handlungsebene:
Bewusstmachen von risikoreichen Aktivitäten und Situationen
(z. B. Recapping; das Drücken von weiteren
Nadeln in einen bereits vollen Abfallbehälter; falsche
Entsorgung in einen Plastiksack etc.), Vermeidung derselben
soweit möglich und Training von sicheren Handlungsabläufen
unter Anwendung aller gebotenen Schutzmaßnahmen (z. B.
strenge Einhaltung der Hygienerichtlinien; obwohl jede Blut-
oder Serumprobe als potenziell infektiös anzusehen ist,
müssen Proben von HIVinfizierten Personen gekennzeichnet
sein; es ist dafür zu sorgen, dass bei Kenntnis eines HIV-positiven
Serostatus eines Patienten das untersuchende bzw. weiterbehandelnde
Personal darüber, soweit erforderlich, unterrichtet wird;
Einhaltung der Meldepflicht bei AIDS; klare Vorgangsweise nach
Zwischenfällen mit menschlichem Blut oder anderen möglicherweise
infektiösen Körperflüssigkeiten).
Auf
der Materialebene: Das jeweils am letzten Stand der
Technik befindliche Material für die Expositionsprophylaxe
sollte vom Arbeitgeber bereit gestellt werden. Der Arbeitnehmer
verpflichtet sich, dieses sachgemäß
zu verwenden und einzusetzen (z. B. Adaptersysteme; Sicherheitskanülen,
die nach der Benutzung die Nadelspitze entschärfen,
indem ein stumpfer Metallstift über die Spitze hinausragt;
geeignete Entsorgungsbehälter
mit breiter Öffnung und einem festen Stand; flüssigkeitsdichte
Operationsmäntel, speziell verstärkte Operationshandschuhe;
Masken, Schutzbrillen, etc.)
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Epilog
Derzeit leben in Österreich etwa 12.000 HIV-infizierte
Menschen. Ein erster Gipfel hoher Infektiosität liegt in
der Zeit zwischen
Infektion und Serokonversion. Körperflüssigkeiten
und Ausscheidungen immer als infektiös zu betrachten ist
ein wichtiger Ansatz in der Prävention. Des Weiteren gibt
es keine Hinweise dafür, dass das Wissen um den HIV-Status
eines Patienten das Risiko von akzidentiellen Expositionen vermindert.
Übertragungen im Krankenhaus oder in der Arztpraxis sind
äußerst selten. In Österreich gab es seit den
ersten HIV-Patienten vor 20
Jahren bereits mehrere hundert Stichverletzungen beim Personal,
das HIV-Patienten betreut, eine einzige Infektion ist dabei
angegangen. Betroffen war ein Arzt, der sich beim Zurückstecken
der Schutzkappe auf die Kanüle in den Daumen gestochen
hatte, also bestehende Hygienevorschriften missachtet hat.
Fact-Box
Worst-Case-Szenario
Der Betriebsarzt unterliegt der ärztlichen Schweigepflicht.
Ein positives Testergebnis darf er dem Arbeitgeber folglich
nicht mitteilen.
Dem betroffenen Arbeitnehmer muss das Testergebnis im Rahmen
einer Aufklärung und sofortigen Beratung persönlich
mitgeteilt
werden und die Möglichkeiten einer Krisenintervention sollten
vorhanden sein.
Bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz muss nicht über
eine bestehende HIV-Infektion Auskunft erteilt werden.
aus: Universum Innere Medizin 05/03
Copyright©
Dr. Peter Traxler